„Urban Movement“
Screenshot des Online-Kurses
Die Corona-Pandemie stellt derzeit nahezu alle Lebensbereiche, ob beruflich oder privat, vor große Herausforderungen. Ein bis vor wenigen Monaten noch selbstverständlicher Aspekt des öffentlichen Lebens ist dabei beinahe vollständig zum Erliegen gekommen: Kulturelle Angebote finden landesweit überhaupt nicht mehr oder nur stark eingeschränkt statt. Auch die im Rahmen von „InterKulturMachtKunst – KunstmachtInterKultur“ geförderten Projekte müssen ausgesetzt, verschoben oder vollkommen umgestaltet werden. Das Essener Bündnis aus B.E.K.I.N.D. e.V., der Jugendhilfe Essen sowie dem Verein Lichtpunkt in der Welt hat sich für letzteren Weg entschieden und führt sein Tanztheaterprojekt derzeit online durch. In dem umfangreichen Projekt sollen über eine Laufzeit von 12 Monaten insgesamt drei Tanztheaterstücke erarbeitet werden, aufgeteilt in drei Altersgruppen. Inhaltlich geht es um die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen und ihre Erlebnisse aus dem Alltag. Dadurch soll eine Möglichkeit geschaffen werden, das eigene (Er-)Leben künstlerisch auszudrücken und dadurch nach außen zu tragen. Tänzerisch erfolgt dies über moderne Tanzstile wie Hip Hop, Breakdance oder Funk Style, die nah an der Lebenswirklichkeit der Teilnehmenden sind.
Eine eigene Herangehensweise für jede Altersgruppe
Ein solches Projekt digital auf die Beine zu stellen, das klingt ziemlich kompliziert. Und das ist es auch, erzählt der Projektleiter Souhail Jalti: „Wir hatten es uns definitiv einfacher vorgestellt. Per Videokonferenz ist es deutlich anstrengender und stressiger, als live mit den Teilnehmenden zu arbeiten.“ Konkret funktioniert die Projektarbeit folgendermaßen: Die Fachkraft tanzt die Choreographie alleine vor der Kamera vor und spielt die Musik ab. Außerdem werden die einzelnen Elemente des Stücks per Videokonferenz gemeinsam mit den Teilnehmenden zusammengeführt. Diese tanzen entsprechend zu Hause mit und melden sich bei aufkommenden Fragen. Schwierigkeiten entstehen dabei auf verschiedenen Ebenen: Auf technologischer Ebene sei es zunächst gar nicht so einfach gewesen, ein geeignetes Programm zu finden. Um sinnvoll arbeiten zu können, sei eine sehr gute Audio- und Videoqualität notwendig, erklärt Jalti, das habe nicht mit jeder Software geklappt. Weiterhin sei es herausfordernder, die Teilnehmenden zu motivieren. „Insgesamt machen schätzungsweise 30% weniger mit als vor Beginn der Krise“, so Jalti. Besonders für die Jüngsten sei es schwierig, sich zu konzentrieren und dabei zu bleiben. „Wir haben für jede der drei Altersgruppen eine eigene Herangehensweise. Für die jüngste Gruppe mit 7-10-jährigen Kindern ist es derzeit besonders hart, den ganzen Tag zu Hause bleiben zu müssen. Wir arbeiten hier sehr spielerisch, üben einfache Choreographien und bieten so ein kulturelles Beschäftigungsangebot. Dafür sind auch die Eltern sehr dankbar“, erzählt Jalti. Mit der mittleren Altersgruppe könne man dann schon intensiver arbeiten, neben den Choreographien werden zusammen die Theatertexte besprochen und kleine Hausaufgaben aufgegeben. Mit den ältesten Teilnehmenden (15-18 Jahre) sei dagegen wirklich intensive Projektarbeit möglich. Auch wenn durch die Verlagerung ins Digitale nicht alles von Anfang an reibungslos lief, zieht Jalti bislang ein optimistisches Fazit: Die meisten Kinder und Jugendlichen nehmen die Online-Variante des Projekts positiv auf. Die Gruppe habe sich bereits vor der Umstellung gefestigt und entsprechend seien alle froh, den Kontakt aufrechterhalten zu können. Insbesondere die älteren seien sehr dankbar, dass das Projekt weitergehe, auch wenn es ganz anders ablaufe als zuvor.
„Da brummt der Kopf schon manchmal“
Doch nicht nur für die Kinder und Jugendlichen, auch für die Dozierenden ist diese Arbeitsweise mitunter herausfordernd: „Alle sind sehr motiviert und bringen viel Energie in das Projekt ein. Aber es ist auch sehr kräftezehrend, da brummt der Kopf schon manchmal.“ In der Summe seien alle sechs Fachkräfte aber froh, dass das Projekt dennoch fortgesetzt werden kann, da derzeit die meisten ihrer Aufträge wegbrechen. Außerdem werde so verhindert, dass die Arbeit der ersten Projektwochen, die bereits vor den Kontaktbeschränkungen stattgefunden hatten, verloren ginge. „Von Woche zu Woche verblasst die Erinnerung an die Choreographie, darum sind wir sehr froh, weitermachen zu können. Dadurch ist die aktuelle Situation für unser Projekt nicht ganz so katastrophal“, so Jalti.
Auch wenn alle hoffen, dass vor Abschluss des Projekts wieder gewohnte Trainingseinheiten stattfinden können – das derzeitige Angebot werde so lange durchgeführt wie nötig. Notfalls werde auch die Abschlussaufführung in eine digitale Performance umgewandelt, z.B. in Form eines Videozusammenschnitts. Das wäre aber die absolute Notlösung, erklärt Jalti: „Dann gäbe es für die Teilnehmenden gar keinen Unterschied zu den Proben, und das wäre wirklich schade.“
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Format: Regelmäßiges Angebot
Bündnispartner: B.E.K.I.N.D. e.V., Jugendhilfe Essen gGmbH, Lichtpunkt in der Welt e.V.
Stadt:Essen